Gute Betreuung im Alter

PRÄSENTATION EINER NEUEN STUDIE DER PAUL SCHILLER- STIFTUNG AM 3. SEPTEMBER 2021 IN AARAU

Medienmitteilung

 

Gute Betreuung im Alter: Was sie kostet und wie sie finanziert werden kann

 

3. September 2021 – In der Schweiz sind 620’000 ältere Menschen auf Betreuung

angewiesen, doch nicht alle können sich diese leisten. Und es werden immer mehr.

Nun zeigt eine neue, von der Paul Schiller Stiftung herausgegebene Studie, was

gute Betreuung für alle Betagten kostet und wie diese beispielsweise mit einem Betreuungsgeld für Betreuungszeit finanziert werden soll. Auch volkswirtschaftlich betrachtet hat gute Betreuung einen deutlichen Nutzen.

 

Der Handlungsbedarf in der Betreuung im Alter zeichnet sich immer deutlicher ab.

Aufgrund der demografischen Entwicklung werden im Jahr 2050 doppelt so viele über

80-Jährige in der Schweiz leben als heute. Jeder zehnte Einwohnende wird über 80

Jahre alt sein. Damit nimmt auch die Zahl jener stark zu, die neben der medizinischen

Pflege eine psychosoziale Betreuung benötigen, um möglichst lange selbstständig ihren

Alltag zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

 

Schon heute ist der Bedarf an zusätzlicher Betreuung gross. Potentiell fehlt es mehr als

620'000 Menschen über 65 Jahren an Unterstützung. Dies belegt die neue, vom Büro

BSS Volkswirtschaftliche Beratung erarbeitete Studie «Gute Betreuung im Alter – Kos-

ten und Finanzierung». Die Lücke an Unterstützung ist gross, sowohl zu Hause als auch

in den Heimen: Es fehlen 20 Millionen Betreuungsstunden. Dies entspricht einem Ge-

genwert von 0,8 bis 1,6 Milliarden Franken.

 

Ein Teil dieser Lücke muss staatlich finanziert werden. Nur mit einem staatlichen En-

gagement lässt sich sicherstellen, dass sich auch ältere Menschen mit bescheidenen fi-

nanziellen Mitteln eine gute Betreuung leisten können. Gleichzeitig muss das Angebot

ausgebaut und weiterentwickelt werden. «Wichtig ist, dass dabei die Zugangshürden

minimal gehalten werden und die Qualität des Angebots gesichert ist», sagt Herbert

Bühl, Präsident der Paul Schiller Stiftung.

 

Betreuungsgeld für Betreuungszeit ermöglicht Altern in Würde

Gute Betreuung lässt sich bedarfsgerecht für alle älteren Menschen in der Schweiz fi-

nanzieren. Die von der Paul Schiller Stiftung publizierte Studie zeigt mehrere Wege auf.

Eine Möglichkeit ist ein Betreuungsgeld, das Stundenkontingente für Menschen mit

Betreuungsbedarf vorsieht – und so die finanzielle Belastung für die Betroffenen redu-

ziert. Und zwar unabhängig davon, ob jemand zu Hause oder in einem Heim lebt. Zu-

dem finanziert das Modell den Ausbau und die Qualitätssicherung des Betreuungsan-

gebots und stärkt die aufsuchende Arbeit. So erhalten auch ältere Menschen mit be-

grenzten finanziellen Mitteln Zugang zu qualitativ guten Betreuungsleistungen und

können möglichst lange selbstständig, eigenbestimmt und mitten in der Gesellschaft

leben. Mit dem skizzierten Finanzierungsmodell können die heutigen Lücken geschlos-

sen werden – in der Finanzierung, beim Angebot und beim Zugang. Das «Betreuungs-

geld für Betreuungszeit» knüpft an bestehenden Finanzierungsinstrumenten (wie die

Ergänzungsleistungen zur AHV) an und nutzt bewährte Fördermechanismen (wie die

Anstossfinanzierung).

 

Klar ist: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Wenn die Schweiz nichts tut, droht

eine Unterversorgung für diejenigen älteren Menschen, die Betreuung benötigen. Her-

bert Bühl warnt vor den Folgen: «Wenn die richtige Unterstützung fehlt, laufen ältere

Menschen Gefahr zu vereinsamen sowie zu verwahrlosen und ihr Gesundheit leidet. Sie

müssen vermehrt notfallmässig ins Spital oder es kommt zu vermeidbaren Heimeintrit-

ten. Die Paul Schiller Stiftung liefert mit dieser Studie Lösungsansätze und zeigt auf,

dass die Schweiz die gute Betreuung sehr wohl finanzieren kann.»

 

Gute Betreuung hat auch volkswirtschaftlich betrachtet einen Nutzen: Sie hat präven-

tive Wirkung, ermöglicht älteren Menschen länger ein selbstständiges Leben und er-

leichtert den Angehörigen die Vereinbarkeit von Betreuung und Beruf.

 

Will die Schweiz eine gute Betreuung in der Praxis verankern, braucht es eine Abkehr

von der medizinisch orientierten Sicht. «Altern ist keine Krankheit», so Maja Nagel,

Stiftungsrätin der Paul Schiller Stiftung: «Im Alter brauchen wir individuelle Unter-

stützung, die uns stärkt und einen selbstbestimmten Alltag und gesellschaftlich inte-

griertes Leben weiterhin ermöglichen.» Gute Betreuung, die den Blick auch auf psycho-

soziale Aspekte legt, leiste dazu den zentralen Beitrag.

 

Definition: Gute Betreuung – psychosoziale Begleitung im Alltag

Gute Betreuung im Alter ermöglicht älteren Menschen, ihren Alltag weitgehend

selbstständig zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, wenn sie das

auf Grund der Lebenssituation und physischer, psychischer und/oder kognitiver Be-

einträchtigung sonst nicht mehr könnten.

 

Gute Betreuung richtet sich konsequent an den Bedürfnissen und dem Bedarf der äl-

teren Menschen aus und behält neben dem körperlichen auch das psychosoziale

Wohlbefinden im Blick.

 

Gute Betreuung kann die Kompetenzen älterer Menschen erhalten, gesundheitliche

Verschlechterungen bremsen und verhindern. Dies entlastet das Gesundheitswesen

und unterstützt wirkungsvoll die betreuenden Angehörigen.

www.gutaltern.ch

 

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