Eidgenössische Räte

Alterspolitische Themen in der Sommersession 2023

 

Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Sommersession 2023 vom 30. Mai bis 16. Juni folgende relevante Geschäfte behandelt:

 

Ja zu einem Impulsprogramm Gewalt im Alter: Der Nationalrat hat mit 126:59 Stimmen der Motion 21.3715 von Nationalrätin Ida Glanzmann zugestimmt, die ein «Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung» fordert. Dieser Entscheid ist umso bemerkenswerter, weil der Bundesrat sowohl den Vorstoss zur Ablehnung empfohlen hat als auch Ende Mai als Fazit einer dreijährigen Abklärungsphase zum Schluss kam, dass er von sich aus kein Impulsprogramm starten will. Der Bundesrat hatte diese Idee geprüft auf der Basis des umfassenden Berichtes zu Gewalt im Alter in der Schweiz, den er 2020 veröffentlicht hat. Er hat das Bundesamt für Sozialversicherung beauftragt, mit den Kantonen und Stakeholdern den Bedarf für ein nationales Impulsprogramm abzuklären. Obwohl sowohl Stakeholder als auch die Kantone zum Schluss kamen, dass sie ein solches Programm begrüssen würden, entschied sich der Bundesrat dagegen. Begründet hat er dies mit der Finanzlage sowie den laufenden Tätigkeiten rund um die Istanbul Konvention, einem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Ida Glanzmann hat in ihrem Votum ausgeführt, warum diese Argumente nicht stichhaltig sind – und eine deutliche Mehrheit des Rates davon überzeugt.

 

Das Impulsprogramm wäre aus Sicht der Betreuung ein wichtiges Instrument, um verschiedene Herausforderungen im Austausch zwischen Bund, Kantonen, Stakeholdern und Forschenden anzugehen: Zugang zu Betreuungsangeboten, Mitfinanzierung von Betreuungsangeboten bei tieferen und mittleren Einkommen, Entlastung von Angehörigen und Fachkräften, Förderung von qualitativ guten Betreuungsangeboten, um die sozialen Netzwerke von älteren Menschen als wichtige Stütze in der Prävention zu erhalten und zu stärken. Der Vorstoss verlangt deshalb richtigerweise nicht nur ein Aufbrechen des Tabus «Gewalt im Alter», sondern einen Fokus auf strukturelle Prävention und den Zugang zu einer qualitativ guten Betreuung. Wir sind gespannt, was der Ständerat dazu sagen wird. Warum auch der Ständerat Ja sagen sollte, hat Nationalrätin Ida Glanzmann in einem kurzen Interview mit uns ausgeführt.

 

Betreuungsstrategie Alter und Behinderung im Ständerat abgelehnt: Der an der letzten Session eigereichte Vorstoss für eine nationale Strategie zu Betreuung und Wohnen in den Bereichen Alter und Behinderung wurde vom Ständerat bereits abgelehnt. Da der Vorstoss gleichlautend im Ständerat und im Nationalrat eingereicht wurde, wird er unter der Nummer 23.3366 in einigen Monaten auch im Nationalrat noch einmal debattiert. Allenfalls ist die Diskussion dort anders verankert. Die Motionärin, Christine Bulliard-Marbach, ist nach wie vor vom grossen Handlungsbedarf überzeugt, wie sie in diesem kurzen Video auf ihrem LinkedIn-Profil ausführte. Aus Sicht einer guten Betreuung im Alter wäre eine solche Strategie sehr zu begrüssen, auch weil die beiden Bereiche Alter und Behinderung gemeinsam betrachtet würden.

 

Kein Gegenvorschlag und Ablehnung der Renteninitiative der Jungfreisinnigen: Der Nationalrat liebäugelte zunächst mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Renteninitiative, der eine Schuldenbremse für die AHV vorgesehen hätte. Schliesslich ist er jedoch auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt und empfiehlt die Idee, das Rentenalter auf 66 zu erhöhen und künftig laufend der Lebenserwartung anzupassen, zur Ablehnung.

 

Befreiung von der Mehrwertsteuer auch für private, gewinnorientierte Spitex-Dienste: Der Ständerat hat die Befreiung in eine Anpassung des Mehrwertsteuergesetzes aufgenommen, der Nationalrat hat sich bisher dagegen gewehrt. In der Sommersession kam er nun zur selben Position wie der Ständerat und hat eine entsprechende Gesetzesanpassung gutgeheissen. Gemeinnützig organisierte Spitex-Organisationen sind bereits heute von der Mehrwertsteuer befreit.

 

Für einen nationalen Tag der betreuenden Angehörigen: Bereits in der Sondersession im Mai 2023 hat der Nationalrat der Motion 21.3630 des Waadtländer Nationalrates Pierre-Yves Maillard für die Einführung des nationalen Tages der betreuenden Angehörigen jeweils am 30. Oktober zugestimmt. Der heute durch verschiedene Organisationen und Kantone getragene Tag soll offiziell anerkannt und vom Bund mitgetragen werden.

 

Übersicht Politlandschaft

 

 

Quelle: Paul Schiller Stiftung (Gute Betreuung im Alter)